Vorgereist

Ella Maillart (*1903 in Genf, +1997 in Chandolin/Wallis)

Schweizer Reiseschriftstellerin, Seglerin und Photographin

„Nur die innere Reise ist wirklich … Ich weiß, dass ich mich von der äußeren Welt abkehren muss, die nicht die einzige Wirklichkeit ist, und der Kraft lauschen, die in mir liegt.“

Mit Mitte Zwanzig unternahm sie erste Reisen nach Moskau, in den Kaukasus sowie in die Mandschurei und schließlich durch die entlegensten Gebiete Chinas mit dem Ziel Kaschmir. Von Peking aus startete sie die „verbotene Reise“ bis zum mongolischen Indien, sechstausend Kilometer auf Pferden, Kamelen und zu Fuß. „Eine Reise, in der nichts passiert, doch dieses Nichts wird mich ein Leben lang erfüllen“, sagt sie danach.
Berühmt ist ihre Reise mit Annemarie Schwarzenbach 1939 von Genf über die Türkei und Persien nach Kabul. Beide Frauen glauben, fernab von Europa Menschen zu begegnen, die im Frieden vormoderner Gesellschaften leben – einem Frieden, den sie in der Abkehr vom kriegsbedrohten Europa auch für sich selbst suchen. Aber die Reise, überschattet vom unwägbaren Lebensstil Annemarie Schwarzenbachs, wird für Ella Maillart zu einem dramatischen Ereignis. Ihr Buch „Der bittere Weg“, erschienen 1948, schildert die abenteuerlichen Erfahrungen und gehört zu den Klassikern der Reiseliteratur. Zusammen mit Annemarie Schwarzenbachs unvollendetem Roman „Alle Wege sind offen“ gibt es neben den äußeren Schilderungen ihrer Erlebnisse auch Einblicke in das komplizierte Verhältnis der Gefährtinnen.
Nach diesem anstrengenden Aufenthalt in Kabul reist Ella Maillart direkt nach Südindien: sie verbringt mehrere Jahre in hinduistischen Klöstern. Erst 1945 kehrt sie in die Schweiz zurück. Sie ließ sich in den Walliser Alpen ein Châlet bauen und widmete sich dem Schreiben. Ihr Berghaus nannte sie „Atchala“ als Erinnerung an den heiligen Berg Arunatchala in Indien; blauer Mohn aus Tibet blühte in ihrem kleinen Garten, wie Besucher, die sie bis kurz vor ihrem Tod für Interviews aufsuchten, zu berichten wussten. Ihre fernöstlichen meditativen Erfahrungen bringt sie in Einklang mit der Landschaft vor ihrer Türe: „Von hier aus beherrscht das Auge die Welt. Umgeben vom Himmel, endlich in Freude, weitet das Herz sich aus und liebt alles, was es sieht.“   
Ihre ethnographischen Photos und Filme aus den 30er und 40er Jahren befinden sich im Museum in Lausanne. In Chandolin, wo sie ein halbes Jahrhundert lang „vom letzten bis zum ersten Schnee“ ihren Wohnsitz hatte, ist ihr in der ehemaligen Kapelle Sainte-Barbe eine Dauerausstellung gewidmet.

Text: Anne-Felicitas Görtz
Foto: © https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ella_Maillart.jpg
Ein Link zu …
Ella Maillart, Der bittere Weg. Mit Annemarie Schwarzenbach unterwegs nach Afghanistan (Erstausgabe1948). Lenos 2001
Bildband: Ella Maillart, Annemarie Schwarzenbach, Nicolas Bouvier, Unsterbliches Blau. Reisen nach Afghanistan. Bleu immortel. Voyages en Afghanistan Lenos 2003
Ella Maillart Geliebte Seidenpfote.
 Mit einer Katze allein durch Indien.
 Piper 2000
www.ellamaillart.ch (in Französisch und in Englisch)

Porträt - Ella Maillart